Was erzähle ich, wenn ich erzähle?
Das kommt darauf an ...
"... wanderte Bobaran der Weiße unter dem fallenden Schnee der Apfelbäume auf den Küstenlichtungen ..."
Dieses Zitat ist einfach ein Bild aus der Erzählung "Honig der wilden Bienen" von Fiona MacLeod.
Da geht einer (ein Druide) unter blühenden Apfelbäumen entlang, am Meer, die Apfelblüten fallen, es sieht aus wie Schnee, der fällt.
In diesem Bild erzähle ich vom Frühling, von einer blühenden Wiese voll blühender Apfelbäume soweit das Auge reicht, von der Apfelblüte, einer der schönsten Blüten überhaupt, meist rosig angehaucht. Es ist blauer Himmel für mich, die Sonne scheint und wärmt und es kommt die frische salzige Brise vom Meer her, die durch die Bäume fährt und die Blütenblätter zum Schneien bringt. Ich rieche, schmecke die salzige Luft, empfinde den kühlen Wind am Körper, höre das Rauschen des Meeres. Eine heiter-frühlingshafte Stimmung, Jahresanfang, Beginn, die Natur bricht auf zu neuem Leben ...
Und in diesem Anfang, in diesem Neubeginn ist bereits der Keim des Endes enthalten. Eigentlich nicht nur der Keim, sondern das Ende. Denn die Apfelblüten sind bereits am Verblühen, sie fallen wie Schnee. Die verblühte Blüte, die bereits vergeht oder vergangen ist, verstärkt durch das Bild des Schnees, der auf den Winter hinweist, auf das Ende des Jahres, der Vegetation, die sich wieder zurückzieht, stirbt ...
Und aus dieser sterbenden Blüte schält sich wieder was Neues heraus, der werdende Apfel ...
Mal nur bis hierher: Was erzähle ich hier?
Klar, etwas sehr schönes, vom Frühling mit all den frühlingshaft reinen Empfindungen. Aber was schwingt im Hintergrund mit? Was ich nicht laut erzähle?
Mit diesem kurzen Ausschnitt aus einem Satz erzähle ich vom Leben und Sterben, vom Kreislauf der Natur, von Vergehen und Wiedergeburt, etwas vergeht und etwas Neues entsteht daraus, das aber nicht losgelöst ist vom vorherigen ...
|
|

Der nächste Zyklus

Der nächste Zyklus

|